Wetterfotografie

The Royal Meteorological Society (Herausgeber)
Wetterfotografie
Die besten Bilder extremer Phänomene
192 Seiten, Prestel, München 2021, ISBN 978-3-7913-8796-3

Zwischenbilanz eines modernen Wettbewerbs

Seit 2016 wird jährlich der Wettbewerb „Weather Photographer of the Year“ veranstaltet. Das Buch präsentiert bisherige beeindruckende Ergebnisse (Blitze, Wolken, Regenbögen, Eis und Nebel, …). Angaben zur Fototechnik (Brennweite, Verschlusszeit, …) werden gemacht und Bezüge zum Klimawandel hergestellt. Ein hervorragendes Layout und eine ebensolche Druckqualität verleiten nicht nur Hobbyfotografen zum Blättern.

Bücher-Hitliste

Unsere subjektive, jährlich in der Vorweihnachtszeit (nicht zuletzt als Geschenk-Empfehlung) aktualisierte Hitliste der besten deutschsprachigen Naturbeobachtungs- und Gartenbücher:

Balkonkraftwerk

Stefan Tomik
Balkonkraftwerk
Strom selbst erzeugen mit Steckersolargeräten
126 Seiten, Eugen Ulmer KG, Auflage Stuttgart 2023, ISBN 978-3-81861-871-1

Flüssig lesbares Büchlein zu turbulenten Entwicklungen

Es gibt Sachbücher, die werden von interessierten Autoren ohne großes Fachwissen mit fleißiger Recherche begonnen. Hier liegt einer der Ausnahmefälle vor, wo das Ergebnis dann überzeugt. Inzwischen hat sich der Journalist Stefan Tomik so tief in die Materie eingearbeitet, dass er mit seiner Hauptsache Grün GmbH Steckersolargeräte im Rhein-Main-Gebiet vertreibt. Tomik nimmt die Leserschaft mit von der Idee „ich könnte ja in meinem Haushalt Stromkosten sparen“ bis zu seinem ersten selbst installierten Balkonkraftwerk.
Der das Buch durchziehende Plauderton funktioniert auch deshalb so gut, weil der Autor die derzeit schnellen Entwicklungen zu Technik und zu Juristerei als Momentaufnehme der Menschheitsgeschichte präsentiert. In einem halben Jahr kann vieles schon wieder anders sein, aber man muss halt von der aktuellen Situation ausgehen und einfach mal anpacken. Das Buch motiviert Unentschlossene, selbst loszulegen.
Kleine Kritikpunkte gibt es dennoch, die aber die Praxistauglichkeit bezüglich Balkonkraftwerken im engeren Sinne nicht schmälern. Das Bildlayout wirkt stellenweise inkonsequent, und zu einigen Aspekten würde man gern mehr erfahren. Gibt es noch weitere architektonische Gestaltungsmöglichkeiten? Vielleicht hätten zusätzlich (mobile) Module beispielsweise für (temporäre) Quartiere abseits vom Stromnetz erwähnt werden können? Wie sieht die ökologische und soziale Gesamtbilanz von der Rohstoffgewinnung bis zur Entsorgung aus? Welche anderen regenerierbaren Energien sind im Privathaushalt denkbar beziehungsweise warum nicht?

Rat für jeden Gartentag

Franz Böhmig
Rat für jeden Gartentag
Mit geballtem Wissen quer durchs Beet
448 Seiten, Eugen Ulmer KG, einunddreißigste (!) Auflage Stuttgart 2023, ISBN 978-3-81861-758-5

Zeitloser DDR-Klassiker im hübschen Nostalgie-Layout

Auf welche Weise der seit 1965 existierende DDR-Klassiker „Rat für jeden Gartentag“ vom Leipziger Neumann-Verlag in den Stuttgarter Ulmer-Verlag wanderte, wäre wohl ein eigenes Thema. Der angegebene Autor Franz Böhmig lebt vermutlich nicht mehr, er war Inhaber einer Gärtnerei in Meißen und Lehrausbilder an der Gärtnerschule in Coswig. Dem Vorwort ist lediglich zu entnehmen, dass seit der Auflage 2015 eine stärkere Ausrichtung auf Natur- und Umweltschutz erfolgte. Dennoch bleibt Luft nach oben, Permakultur und Wassermanagement beispielsweise könnten größere Beachtung finden.
Unter den hunderten Gartenbüchern gibt es nur wenige, deren Inhalt konsequent nach Arbeiten im Jahresablauf geordnet ist. Dabei ist eine übersichtliche chronologische Gliederung doch außerordentlich praxisnah, ebenso sinnvoll erscheint hier dann die weitere Gliederung (Allgemeines, Gemüse, Obst, Zierpflanzen) innerhalb der Monatskapitel. Auf 68 % der Seiten stehen 1689 Ratschläge mit 531 Skizzen, 29 % der Seiten enthalten Tabellen größtenteils mit konkreten Pflanzenempfehlungen. Die zusätzlich eingestreuten „Besonderen Tipps“ muten oft trivial an, können Anfänger aber vielleicht vor Fehlern bewahren.
Kein Bilderbuch mit Smartphone-Anbindung, sondern ein seriöses Werkzeug. Außer auf 13 Doppelseiten (12 Monatstitel + Tabellenteil) wurde ganz auf Fotos verzichtet, damit erhält das über eineinhalb Kilogramm schwere gebundene Buch einen angenehm nostalgischen Touch. Am besten liest man sich die Monatskapitel am jeweiligen Monatsanfang einmal komplett durch, um die für den persönlichen Hobbygarten relevanten Ratschläge herauszupicken und umzusetzen.

Bäume

Michael Scott und weitere britische Autoren
Bäume
Eine Natur- und Kulturgeschichte
320 Seiten, Dorling Kindersley, München 2022, ISBN 978-3-8310-4541-9

Layout-Meisterwerk mit 80 Symbolbäumen

Der Buchrücken verspricht groß „Alles über Bäume“, diese Formulierung zählt zu den wenigen Fehlern. Man braucht diese Publikation nicht für wissenschaftliches Arbeiten, sondern darf sie vor allem biologisch weniger beschlagenen Kulturfreunden empfehlen. Unaufdringlich werden ökologische Fragen einbezogen, Diplomaten können es nicht besser machen. Es handelt sich hier um eine harmonische Gratwanderung zwischen Faktenfülle und Design, beinhaltet aber bei weitem nicht alles über Bäume. Themen wie Alleen oder Baumpflege beispielsweise werden nur ganz flüchtig angedeutet …

Das erste Achtel der Seiten beschäftigt sich mit Grundbegriffen von Flora und Evolution, gleichzeitig präzise und anschaulich.
Was die Auswahl von 80 Baumporträts unter den mehr als 60 000 Baumarten der Welt und das Layout anbetrifft, so liegt hier ein wunderschönes Buch vor. Optik und Haptik sind ein Genuss, zu den geschmackvollen botanischen Abbildungen gesellen sich einige Zitate und einige Gemälde wie Csontvárys „Tanz um die Zeder“. Es ist wirklich gelungen, eine nahezu perfekte Zusammenstellung der in Sagen und Märchen und sonstigen Symbolwirkungen wichtigsten Bäume der Welt zu treffen. Mitunter muss freilich eine Art für einen bestimmten Verwandtenkreis stehen, um den Rahmen nicht zu sprengen. So wird „unsere“ Kiefer (Pinus sylvestris) kurz bei der Langlebigen Kiefer (Pinus longaeva) Nordamerikas erwähnt, „unsere“ Feige (Ficus carica) kurz beim Bobaum (Ficus religiosa) Indiens. Dafür sind auch manche überwiegend in Strauchform wachsende Gehölze vertreten, darunter Tee und Kaffee. Am meisten schmerzt es die deutsche Seele (am Brunnen vor dem Tore), dass die Linden nur eine Seite abbekommen statt wie üblich zwei bis vier. Doch selten wirkt eine knappe Artenauswahl in einem biologischen Buch derart rund und repräsentativ wie hier!
Leider wurde das Register wenig praxisnah gestaltet, da hätte man erstens die geografische Zuordnung der Baumporträts in ein geographisches Extra-Register auslagern und zweitens bezüglich der Anfangsbuchstaben gründlicher überlegen sollen. Wer sucht schon den Birnbaum (Pyrus communis) unter K wie Kultur-Birne? Vielleicht wäre eine Wildform wie Holz- oder Felsenbirne sogar die bessere Wahl gewesen?

Ein Anderes Jetzt

Yanis Varoufakis
Ein Anderes Jetzt
Nachrichten aus einer alternativen Gegenwart
256 Seiten, Antje Kunstmann, München 2021, ISBN 978-3-95614-459-2

Denkanstöße außerhalb üblicher Muster

Wie sähe eine gerechte und gleichberechtigte Gesellschaft aus? In Ein Anderes Jetzt gibt der Ökonom Yanis Varoufakis darauf eine radikale und subversive Antwort. Weltweit bekannt wurde der ehemalige griechische Finanzminister 2015 als ein strikter Gegner der Austeritätspolitik als Antwort auf die griechische Staatsschuldenkrise. Das Gedankenexperiment im Buch aus der nahen Zukunft im Jahre 2025 entwirft eine fundierte Alternative zum Kapitalismus. Im Kern kritisiert Varoufakis Weichenstellungen seit der Finanzkrise 2008. Zur Verdeutlichung einiger Zusammenhänge geht er aber punktuell noch weiter in die Geschichte zurück.

Bezüglich herkömmlicher Genre ist das Buch praktisch nicht einzuordnen. Wirtschaftspolitischer Entwurf, Streitschrift, Vision, das ganze in eine logisch unmögliche Hightech-Romanhandlung mit sympathischen Protagonisten gepackt. Von der Leserschaft wird eine hohe Konzentration gefordert. Dann wirkt der verbliebene Optimismus des Autors aber durchaus ansteckend.

Kräuterbuch-Vergleich mit Kräutertee

Am 8. 7. 2021 um 15:00 Uhr werden Frieder Monzer und Dr. Jörg Hansel im Garten des ÖkoGuts Buch Kräuterbücher vorstellen. Monzer ist selbst Reisebuchautor und kennt ein wenig das Verlagswesen. Seit seiner Schulzeit experimentiert er mit essbaren Wildkräutern. Sein Vater hatte außerdem als Schulgartenlehrer zur Verbreitung der Worcesterbeere beigetragen.

Es handelt sich um die erste öffentliche Veranstaltung des ÖkoGuts nach der Pandemie. Sie soll bei trockenem Wetter im halbschattigen Garten des ÖkoGuts Alt-Buch 51 stattfinden. Interessenten werden um Anmeldung per E-Mail (f.monzer@albatrosggmbh.de, begrenzte Teilnehmerzahl) gebeten. Es wird ein Vergleich mehrerer aktueller und älterer Bücher stattfinden. Bei einem kleinen Bummel durch den Permakultur-Bauerngarten können die Gäste gleich die Praxisnähe dieser Bücher testen. Für den Eintrittspreis von 5 € gibt es zudem reichlich Tee aus frischen Kräutern.

Die erste Reise um die Welt

Antonio Pigafetta
Die erste Reise um die Welt (erstmals vollständig übersetzt und kommentiert)
An Bord mit Magellan
272 Seiten, wbg Edition, Darmstadt 2020, ISBN 978-3-53427-217-4

Denkanstöße nach 500 Jahren

Vor genau 500 Jahren war die erste Weltumsegelung im Gange. Oder heißt es im Schwimme? Man verbindet das meistens mit dem Namen des autoritären portugiesischen Kapitäns Fernão de Magalhães. Genau genommen war Magellan allerdings kein Weltumrunder. Er starb unterwegs bei einem selbst befohlenem Gefecht gegen Insulaner. Von den fünf Schiffen mit etwa 250 Mann Besatzung (leicht abweichende Zahlen in verschiedenen Quellen, plus sieben Kühen) erreichte eins mit 18 Mann (plus drei unterwegs Zugestiegenen) nach 1082 Tagen wieder den Heimathafen. Weitere etwa 70 Besatzungsmitglieder kamen auf anderen Wegen zurück. Kluge Zeitgenossen sahen in der Expedition einen endgültigen Beleg für die Kugelgestalt der Erde.
Eigentlich war gar keine Weltumsegelung geplant gewesen. Magellan wollte “nur” in spanischen Diensten einen neuen Handelsweg für Gewürznelken finden. Als Tauschwaren nahm er beispielsweise Taschenspiegel und Glasperlen mit. In Südamerika wurden angeblich für eine Axt zwei Sklavinnen angeboten.
Zu den ersten 18 Weltumseglern gehörte der italienische Ordensritter Antonio Pigafetta. Er führte unterwegs Tagebuch und veröffentliche später einen in mehrere Sprachen übersetzten Reisebericht. Pigafetta war ein guter Beobachter. Für die damalige Zeit verhielt er sich relativ tolerant. Sein Bericht kann auch heute noch viele Denkanstöße liefern: über Natur, Chancen und Risken, Glück und Zufriedenheit, Führungskultur, Multikulti, Globalisierung, Wirtschaft und Wachstum, …

Essbare Wildpflanzen Europas

Eva-Maria Dreyer
Essbare Wildpflanzen Europas
1500 Arten
408 Seiten, Nikol, Sonderausgabe Hamburg 2020, ISBN 978-3-86820-577-0

Für Profis vorm Kamin

Wie kommt dieser Verlag zu seinen Produktpreisen? Wie können dicke Nachschlagewerke mit festem Einband (insgesamt ~ 1300 Gramm) neu billiger sein als manches Taschenbuch? Der Käufer freut sich natürlich …
Foto- und Druckqualität sind auf der Höhe der Zeit. Nirgendwo Grund zur Kritik.
1500 ist einerseits eine beeindruckende Zahl. Andererseits bleibt bei der Aufteilung von 1500 Arten auf die Seiten für jede Art nur etwa eine Viertelseite. Und selbst damit sind nicht alle essbaren Wildpflanzen Europas erfasst.
Das Buch eignet sich weniger für Einsteiger. Als Bestimmungsbuch schon gar nicht. Ein zufällig am Wegesrand stehendes Pflänzchen wird man kaum in angemessener Zeit auf hunderten Seiten mit alphabetischen Auflistung finden. Zumal einige Beschreibungen ohne Abbildung daherkommen. Bestimmtes Wissen wird somit vorausgesetzt.
Das Buch lohnt sich als Lektüre für Fortgeschrittene in deren ruhigen Stunden. Zum Blättern vorm Kamin beispielsweise. Für solche Zwecke erhält man hier überdurchschnittlich viel für sein Geld. Man kann seine Kenntnisse überprüfen und erweitern.
Auch eng verwandte Pflanzen wie beispielsweise 23 Klee- und 5 Steinklee-Arten werden einzeln beschrieben, zusätzlich 2 Schneckenklees sowie Horn- und Bockshorn- und Wundklee. Das fasziniert den Profi, der Laie ist jedoch überfordert. Wer hätte schon in diesem Buch 17 Weidenröschen-Arten erwartet?
Etwas problematisch erscheint die Einteilung in essbar (Seiten 24-355) und giftig (Seiten 356-391). Da sind Übergange fließend. Manche hier essbare Pflanze (Rainfarn, …) bezeichnen andere Autoren als toxisch. Manche hier giftige Pflanze (Kalmus, …) wird bis heute für bestimmte Lebens- und Genussmittelprodukte verwendet. Ein paar Bemerkungen zu diesen fließenden Übergängen stehen in der Einleitung. Vielleicht wäre zwischen essbar und giftig trotzdem noch eine dritte Rubrik “mit Vorsicht zu genießen” sinnvoll gewesen.
Auch die Einbeziehung eingeführter Kulturpflanzen anderer Kontinente in die essbaren Wildpflanzen Europas wird etwas willkürlich gehandhabt.
Über die Autorin ist im Buch wenig zu erfahren. Das Internet bezeichnet sie als promovierte Biologin. Auf alle Fälle ist sie fleißig und kompetent.

Das große Buch der Heilpflanzen

Mannfried Pahlow
Das große Buch der Heilpflanzen
Gesund durch die Heilkräfte der Natur
528 Seiten, Nikol, Sonderausgabe Hamburg 2013, ISBN 978-3-86820-191-8

Westdeutsches Standardwerk zum Thema

Wie kommt dieser Verlag zu seinen Produktpreisen? Wie können dicke Nachschlagewerke mit festem Einband (insgesamt ~ 1300 Gramm) neu billiger sein als manches Taschenbuch? Der Käufer freut sich natürlich …
Mannfried Pahlow (1926-2000) war bis 1991 praktizierender Apotheker. Sein 1979 erstmals veröffentlichtes Heilpflanzenbuch ist wohl bis heute das bekannteste westdeutsche Buch zum Thema überhaupt. Allerdings gab es populäre ostdeutsche Veröffentlichungen vorher. Bereits 1961 erschien Siegfried Börngens Heilpflanzenbuch. 1962 folgte das Heilpflanzenbuch von Friedrich Dörfler und Gerhard Roselt. An Informationsfülle übertraf Pahlow seine ostdeutschen Kollegen dann deutlich. Außerdem erwähnte er homöopathische Anwendungen. Manche Pflanzen halfen damit einfach gegen alles. Gleichzeitig meldete Pahlow durchaus Zweifel bei einigen überlieferten Wirkungen an. Die direkten DDR-Konkurrenzwerke erschien letztmals 1990 beziehungsweise 1993. Pahlow selbst stützte sich unter anderem auf Schriften der Pfarrer Sebastian Kneipp (1821-1897) und Johann Künzle (1857-1945).
Neben Einleitung und Register gibt es den Hauptteil “Einheimische Heilpflanzen” (208 Beschreibungen in alphabetischer Folge, Seiten 51-358), den Teil “Fremdländische Heilpflanzen” (56 Beschreibungen alphabetisch, Seiten 359-426) und den Teil “Heilpflanzen aus alten Arznei- und Kräuterbüchern” (144 Kurzbeschreibungen alphabetisch, Seiten 427-486). Die meisten Arten werden sowohl mit Foto als auch mit einer Zeichnung markanter Details wiedergegeben, wobei die Beschreibung zur zweifelsfreien Artbestimmung nicht immer genügen dürfte.
Insgesamt ist diese Sonderausgabe ein Schnäppchen, obwohl das Internet inzwischen manches ausführlicher erläutert. Man findet jedoch derzeit keine deutschsprachige WWW-Darstellung, die Heilpflanzenwissen ähnlich sowohl umfangreich als auch übersichtlich präsentiert. Wollte man ein einziges Heilpflanzenbuch besitzen, dann wäre Pahlows Bestseller immer noch eine hervorragende Wahl. Wirklich ein großes Buch!